Susanne Rößner




Kurzgeschichten


Monas Geschichte

Eine nachdenkliche Kurzgeschichte über einen Hund


Das offenen Geständnis
Ein Dackel outet sich

Eine lustig Bildergeschichte mit ernstem Kern

Die gleichberech-
tigte Frau

Eine kleine Satire über die Gleichberechtigung

Ein Tag auf der Erde

Ein kleiner Katzen - Science Fiction

Ein komischer Tierarztbesuch

Ein Kater erzählt von einem Eingriff in sein Leben

Glück im Unglück, Tigger!

Wie nach einem schrecklichen Ereignis das Leben des Katers Tigger sogar noch eine Bereicherung erfährt

Monas Geschichte

Ein schlechter Start für Mona

Susanne Cramer-Rössner, 2002

Monas Geburt fand an einem sonnigen Mittwoch im Oktober statt. In dem kleinen Stall, der wohl früher mal als Schweinekoben diente, war jetzt eine Batterie Hundeboxen eingebaut. Von der Oktobersonne war in dem trüben Zwielicht des niedrigen Stalles wenig zu sehen. Draußen war es trotz der Sonne schon recht kühl und drinnen im Stall war es feucht und klamm. Deshalb war die Geburt an diesem Ort und damit Abschied von Mutter gemütlicher Wärme ein trauriger Start ins Hundeleben.
Zusammen mit einem Schwall Fruchtwasser glitt Mona ins schmutzige, feuchte Stroh, das im Stall als Einstreu diente. Mit der Routine einer erfahrenen Mutter, die schon unzählige Kinder zur Welt gebracht hat, trocknete Monas Mutter Rhani das nasse Fellchen und nabelte ihr Kind ab. Dann sank sie erschöpft auf die Seite. Nachdem die kleine Hündin eine Weile Kräfte gesammelt hatte, begann sie, blind und taub wie alle Hundewelpen, aber bereits mit einem ausgezeichneten Geruchssinn ausgestattet, nach Mamas Zitzen zu suchen. Nur ein weiteres Hundebaby befand sich dort bereits, ein großes Gedränge um die Milchquellen gab es also nicht und Mona begann genüsslich zu saugen.
Als der Abend dämmerte, ging die Stalltür auf und ein hagerer, älterer Mann und seine grauhaarige, schmalgesichtige Frau betraten den Stall. Im Stall brach sofort ein ohrenbetäubender Lärm los. Alle anwesenden Hunde bellten und jaulten. Das Paar brachte einen großen Eimer mit übelriechenden Resten, die das Hundefutter darstellten, mit sich und gaben in jeden Zwinger einen Napf voll. Die hungrigen Hunde machten sich sofort über ihre Mahlzeit her. Nur Rhani war noch zu schwach. Sie hob nur traurig den Kopf und leckte einmal über ihre Welpen. "Sieh mal," sagte die Frau, " Rhani hat ihre Jungen bekommen." "Wieder nur zwei!" antwortete der Mann mit verärgert klingender Stimme. "Das ist nun schon das dritte Mal, dass sie uns so kleine Würfe bringt. Wenn diese beiden alt genug zum Verkaufen sind, werden wir Rhani durch eine jüngere Hündin ersetzten. Frisst, kostet Platz und bringt keinen Gewinn, dieser Hund!"
Klein Mona wuchs mit jedem Tag und auch ihre Mutter kam ganz langsam wieder zu Kräften. Am 10.Tag öffneten die beiden jungen Hunde, die auch schon hören konnten, ihre Augen. Monas Bruder Florian war erstaunt, als es auf einmal hell um ihn wurde. Am nächsten Tag konnte er auch schon die ersten Schemen erkennen. Um Mona blieb es trotz geöffneter Augen dunkel. Sie war blind. Doch Mama als Futterquelle fand sie dank ihrer Nase problemlos und in der engen Box gab es keine unvorhergesehenen Hindernisse. Deshalb verlief Monas Entwicklung zu einem struppigen, glanzlosen kleinen Hundchen unauffällig.
Als die beiden Welpen 6 Wochen alt waren, kam der Mann mit einer großen Kiste in den Stall. In diese wurden Mona, Florian und 4 Hundbabys aus einer benachbarten Box gesetzt und dann in ein Auto gebracht. Das laute Bellen der anderen Hunde im Stall und das Jaulen der beiden Hundemütter nach ihren Kindern konnten die Kleinen hören, bis sich mit einem Knall der Kofferraumdeckel über ihnen schloss.
Dass das Wimmern ihrer Mutter nicht mehr lange anhielt, konnten die Geschwister zum Glück nicht ahnen. Sie wurde kurze Zeit später von der grauhaarigen Frau aus dem Zwinger geholt, ihrem traurigen freudlosen Leben wurde ein ebensolches Ende gesetzt.
Die Fahrt machte den Sechsen Angst. Alle waren nur das Zwielicht im Stall, immer die gleichen Geräusche und ihre enge Box gewohnt. Der Krach des Automotors, das Rattern und Rütteln führte dazu, dass sich die Hündchen eng aneinander drängten.
Die Reise endete vor einem großen Zoogeschäft, in dem der Mann mit dem Besitzer schnell handelseinig wurde. Hier hatten sich zwei schwarze Schafe ihrer Zunft gesucht und gefunden. Sie machten dauernd miteinander Geschäfte und hielten sich deshalb nicht lange auf. Die Welpen wurden in eine neue Box umgeladen. Der Boden war mit Sägemehl ausgestreut und in der Ecke stand ein Karton als Nest. Mona konnte davon nichts sehen und war deshalb noch verunsicherter als die anderen. In ihrer ewigen Schwärze war es die Gleichförmigkeit gewesen, die ihr Sicherheit gab. Jetzt waren um sie herum so viele fremde Geräusche und Gerüche. Sie hörte Zwitschern und Miauen, das Scharren von Kleintieren und viele Menschen. So dauerte es bei ihr erheblich länger, bis auch sie, von dem Stress und der Aufregung ermüdet, in einer Ecke, wieder dicht an den Bruder mit dem vertrauten Geruch gekuschelt, einschlief. Die nächsten Tage empfand Mona als fürchterlich. Tagsüber waren immer viele Personen um die Hundebox herum. Ständig griffen Hände nach ihnen, um die niedlichen Hundebabys zu streicheln und hochzuheben. Die anderen Welpen passten sich der Situation relativ gut an und gewöhnten sich an das Gegrabsche. Ja, als sie merkten, das diese fremden Menschen oft freundlich waren und weil sie die Liebe ihrer Mutter vermissten, drängten sie sich sogar nach dieser Berührung. Und so wurde die kleine Box schnell leerer, die Hundchen verkauften sich gut.
Mona erahnte den Griff der Hände, die meist plötzlich von oben kamen, in dieser Geräusch- und Geruchsvielfalt oft nicht. Deshalb erschreckte sie sich jedes Mal fürchterlich und zog sich immer weiter zurück, wenn sie wieder Menschen nahen hörte. So war es kein Wunder, dass sie als letzte übrig blieb.
Einsam und ängstlich saß sie in der Box, bis eines Tages ein Paar am Schaufenster des Zooladens vorbei ging. Der Mann war nicht mehr jung, mit schütterem Haar, klein und rundlich. Die Frau war schlank, sehr blond und erheblich jünger. Mit einem entzückten Aufschrei blieb sie stehen. "Da, wie süß, ein Hundebaby! Das möchte ich haben, lass uns rein gehen!" "Aber Liebling," sagte der Mann "was willst du mit einem Hund? Wir wollten dir etwas Hübsches kaufen, einen Ring oder eine Uhr, aber doch kein Tier!" "Ich bin so viel allein." schmollte sie: "bitte".
So ging Mona in einer frischgekauften, teuren Hundetransportbox, einem neuen,mit Strass besetzten Halsbändchen erneut auf die Reise. In der eleganten Wohnung niedergesetzt, wusste Mona gar nicht, wohin sie sich schnell verkriechen sollte. Das hohe, lockende Rufen der neuen Besitzerin erschreckte sie nur. Sie rannte los und stieß bereits kurz darauf schmerzhaft mit einem Stuhlbein zusammen. Entsetzt bog sie rechtwinklig ab und warf beim nächsten Zusammenprall eine Bodenvase um. Dann war sie unter einem Schrank, hinter und neben sich Wand, eine kümmerliche Sicherheit. Als sich Schritte in Stöckelschuhen näherten, eine fordernde Stimme nach ihr rief und sie auch noch merkte, das die Frau versuchte unter dem Schrank nach ihr zu greifen, machte die kleine Hündin vor Schrecken unter sich.
Bereits am nächsten Tag ging es wieder auf die Reise. Diesmal war das Tierheim das Ziel. Dort wurde Mona mit Beschreibungen ihrer Dummheit und Trotteligkeit abgegeben.
Die tiererfahrenen Menschen im Heim wussten das verschreckte Hündchen schon nach kurzer Zeit aufzutauen. Dabei wurde auch schnell die Vermutung über ihre Blindheit gemacht. Ein Besuch in der Tierklinik bestätigte die traurige Diagnose, auch deren Unheilbarkeit. In der liebevollen Obhut der Tierpfleger gewann Mona Menschvertrauen und Fröhlichkeit. Sie wurde so rundlich wie es sich für einen Welpen ihres Alters gehört , und das Fellchen begann zu glänzen.
Diesmal wurde Mona von ihrer neuen Familie mit Bedacht ausgewählt, darauf achtete auch die Tierheimleitung. Ein junges Ehepaar, mit einem ruhigen, mittelgroßen Mischlingsrüden verliebte sich in das blinde kleine Hundemädchen. Sie nahmen es mit nach Hause. Nach einigen Tagen kannte Mona die Wohnung genau, sie war aufgeweckt und setzte Nase und Ohren anstelle der Augen ein. Caro, ihr neuer Hundefreund half ihr sehr. Oft heftete sie sich vertrauensvoll an seine Fährte. Im Schlaf kuschelte sie sich an ihn, oder, wenn möglich, bei den neuen Besitzern auf das Sofa oder den Schoß.
Bereits als Mona ein halbes Jahr alt war, konnten Besucher oft gar nicht glauben, dass dieser Hund blind sein sollte, so fröhlich, ausgelassen und völlig sicher sprang sie durch die Wohnung. Das gefundene Vertrauen zu ihren Menschen ließ sie auch an der Leine zügig und sicher mitlaufen. Nur alleingelassen in fremdem Gelände merkte man noch ihr Stocken und Stolpern. Dank tierlieber Menschen und ihres ihr eigenen fröhlichen Naturells, hat sich Monas Leben trotz des schlechten Starts und der Behinderung doch noch zu einem glücklichen Hundedasein entwickeln können.



Das offene Geständnis - Ein Dackel outet sich

Susanne Cramer-Rössner, 2002

Meine Kindheit

Eigentlich fing alles ganz normal und wunderbar an in meinem Leben. Ich wurde als drittes Kind in einem Wurf mit 5 Welpen geboren. Meine Dackelmama liebte mich und meine Geschwister sehr und kümmerte sich vom ersten Tag an mit großer Sorgfalt um uns.

Unser Vater, ein stolzer Dackelrüde, kam uns manchmal besuchen. Bei allem Respekt, den er mir und meinen Geschwistern einflößte, brachte auch er uns große Zuneigung entgegen. Wir wurden vom ihm vorsichtig beschnüffelt und wuselten dann alle, vor Glück wild wedelnd, um ihn herum. Auch Menschen gab es in der Dackelkinderstube. Denn es war wohl eine Menschenwohnung in der unsere Wurfkiste stand. Das sogenannte "Frauchen" war es auch, die mehrmals täglich die Zeitungen wechselte, auf denen wir unser Geschäftchen erledigten.

Ebenso wie unsere Mutter wurden wir gestreichelt und verwöhnt. Doch obwohl auch die Zweibeiner versuchten an unserer Erziehung mitzuwirken, den Haupteinfluss hatte unsere Hundemama. Sie vermittelte uns alles wirklich Wichtige und Wissenswerte. Dazu gehörte, wie man um Futter bettelt, warum man Briefträger nicht akzeptieren darf wie andere Menschen, wo die weichsten Liegeplätze in der Wohnung sind, wer höher und wer niedriger in der Rangordnung der gemischten Menschen-Hundefamilie steht und welche Tiere zu den Freunden, welche zu den Feinden und welche zur Gattung Beutetiere gehören. Und bei einem dieser Unterrichte, da spürte ich es das erste Mal, diese Gefühl, wie ein Flattern im Bauch.

Der erste Kontakt

Es war auf einem Familienausflug. Das Wetter war sonnig und trocken, der Himmel blau und wir waren auf dem Weg zum nahegelegenen Wäldchen. Der Weg führte über eine saftige Wiese.

Mama lief vorneweg und blieb ab und zu stehen, um zu schauen ob wir noch alle folgten oder um uns kleine Belehrungen zu erteilen. Gerade hatten wir eine Wespe gesehen und sie war dabei uns über die Gefährlichkeit dieses Insektes aufzuklären. "Nie danach schnappen, auch nicht im Spaß, diese gelb-schwarz geringelte Fliege ist aggressiv und wird Euch dann stechen!" sagte sie, als es ein Stück vor uns raschelte. Mama hob den Kopf und atmete tief ein. Klar, alle 5 machten wir genau das selbe, allerdings ohne etwas wahrzunehmen. "Eine Katze!" rief sie dann und sauste los. "Genau" rief mein kleiner, dicklicher Bruder Waldo neben mir angeberisch, als wenn er es auch erschnuppert hätte. Laut kläffend folgten wir unserer Mutter, die hinter der Katze herjagte. Die Fremde war flink auf einen Baum gesprungen und lachte uns nun aus der erhöhten Position heraus aus. Wir standen unten, jifften und jaulten, waren aber machtlos. Da drang mir der Geruch der Mietze in die Nase und obwohl ich nach außen hin unbeeindruckt weiter alles mitmachte, geriet ich doch innerlich völlig aus dem Gleichgewicht. Die Katze roch - ja wie? - irgendwie gut und vertraut. Ein seltsames Kribbeln war in meinem Bauch.
Nachdem wir eine Weile um den Baum herumgetanzt waren, gab Mutter auf, nicht ohne vorher noch mal ein drohendes "Das nächste Mal werde ich dich fangen!" gerufen zu haben. Wir schlugen unsere ursprüngliche Route wieder ein.

Meine neue Familie

Der Tag an dem wir alle in ein neues Heim gehen sollten, rückte näher. Es kamen fremde Leute in unser gemütliches Zuhause, streichelten Mama und sahen uns genau an. Wer scheint besonders munter, intelligent, oder mutig? Wer ist ein Rüde, wer ein Weibchen? Ich hielt mich etwas im Hintergrund, die richtigen Menschen schienen mir noch nicht dabei zu sein. Und so hatten bereits drei meiner Geschwister neue Besitzer gefunden, als "Sie" endlich kamen. Ein riesengroßer Menschenmann mit einer kleinen, zierlichen Menschenfrau. Nicht zu laut, nicht zu hektisch, keine hohen Stimmen und der Geruch! An ihren Kleidern hing sanft, aber für mich deutlich dieser besondere Duft. Da zeigte ich auf einmal, das ich gut aufgepasst hatte und alle Kniffe und Tricks des Menschenaussuchens beherrschte. Wedeln, um die Beine gehen, Hände ablecken und natürlich der Dackelblick, kein Problem! Der Erfolg stellte sich sofort ein, ich durfte mit den neuen Besitzern ziehen.

Das neue Heim

Schon im Auto, vom Schoß meines neuen Frauchens aus, konnte ich sehen, dass ich gut gewählt hatte. Ein großes Haus mit einem eingezäunten Garten wartete auf mich. Auch drinnen gab es keine Enttäuschung.

Näpfchen mit Futter und Wasser standen für mich bereit, ein großes, weiches Körbchen und dann, der Geruch, er war hier ganz intensiv. Ich heftete meine Nase auf den Boden, fand und folgte einer der kreuz und quer verlaufenden Katzenspuren. Sie führte mich zum Sofa und dann sah ich sie! Eine Katze, so ganz anders als die, die ich mit Mama getroffen hatte. Aus dem schwarzen Gesicht sahen mich ruhige, interessierte, tiefblaue Augen an. Der Körper ganz hell, doch auch Beine und Schwanz dunkelbraun, fast schwarz. Sie erschien mir wunderschön. War ich gerade der Spur noch zügig gefolgt, verließ mich jetzt doch etwas der Mut. Mein Schwänzchen rutschte unter den Bauch und in meiner Blase schien sich Druck aufzubauen. In meinen Gedanken purzelte alles durcheinander. Mama Erziehung drängte mich zum Vorwärtsspringen und Kläffen, mein Herz ließ mich stillstehen und staunen. Dazu kam es, dass die Katze keine Angst zeigte, still liegen blieb und mich fixierte. Erst sah ich sie an, dann verunsichert auf den Boden und wieder hoch. "Hallo" hauchte ich und die Katze antwortete mir freundlich.

Ich und Du = Wir

Sie lud mich zu sich auf das Sofa ein, aber meine kurzen Beinchen verwehrten mir das Hochspringen. Höflich, wie sie war kam die Katze, die sich Suleika nannte, zu mir herunter.

Wir tauschten unsere Lebensgeschichten aus und waren bald die besten Freunde. Wir lagen zusammen, fraßen zusammen, spielten zusammen und in mir wuchs das Gefühl, nun meinen Platz im Leben gefunden zu haben. Im Dreck wühlen - pfui! Mit anderen Hunden toben - nein Danke! Ich passte mich an meine Freundin an und war glücklich dabei. Es gab auch einige traurige Erfahrungen für mich. Alle Versuche den Kratzbaum zu ersteigen scheiterten. Doch solche Nebensächlichkeiten konnten mich nicht irritieren und als ich dann erwachsen war, nahm ich allem Mut zusammen und outete mich.

Das "Outing"

"ICH BIN EINE KATZE und das ist auch gut so!" sagte ich. Dafür wurde ich von meiner Hundefamilie, mit der ich aber sowieso nur selten Kontakt hatte, glatt verstoßen. Das machte mich sehr traurig, aber ich stand zu meinem Bekenntnis. Suleika und ich fanden auch tolerante und sogar gleichgesinnte Freunde, die uns so nahmen, wie wir waren.

Unsere Menschen liebten und akzeptierten uns und wir waren glücklich.

Die eigene Familie

Es kam der Tag an dem wir eine Familie gründeten wollten und heirateten.

Unsere Beziehung war glücklich und erfüllt, unsere Kinder wohlgeraten. Die Erziehung und Pflege der Kinder teilten wir uns ganz selbstverständlich.

Zu selbständigen, freidenkenden Tieren wollten wir unsere Kinder erziehen.

Heute, die Kinder sind erwachsen und haben ihre eigenen Besitzer und Familien, kann ich sagen, es ist uns gelungen. Selbstbewusst und vorurteilsfrei gehen unsere Kinder durch ihr Leben. Fremdenhass und dummes Nachschwatzen sind ihnen fremd. Sie bilden sich ihr Urteil selbst, denken nach und lassen sich nicht beeinflussen, nur überzeugen.
Ich sehe auf mein Leben und stelle fest, das ich vielleicht einiges verloren habe, aber mehr habe ich gewonnen und erreicht!




Die gleichberechtigte Frau

Susanne Cramer-Rössner, 2002

Letzten Montag traf ich meinen alten Schulfreund Frank auf der Zugfahrt nach Köln. Obwohl wir uns knapp 10 Jahren nicht gesehen hatten, haben wir uns gleich wieder erkannt.
Lustig und aufgeräumt erzählten wir uns vom Zweck unserer Reisen, dem Beruf und mehr. Ich fragte ihn, ob wir im Zugrestaurant zu einem zweiten Frühstück einkehren sollten. Da nahm er lachend eine große Brotbüchse heraus. "Ne, ne" sagte er "ich habe genug mit, hat mir meine Frau gemacht!"
Als ich die liebevoll angerichteten und verpackten Leckereinen sah rutschte mir heraus "Oh, Deine Frau scheint ja ein richtiges Hausmütterchen zu sein!".
"Na, aber, was denkst Du denn von mir?" rief Frank sofort aus. "Ich bin ein moderner Mann, eine Frau hat bei mir absolute Gleichberechtigung. Mit so einem Dummerchen könnte ich auch gar nichts anfangen." "Außerdem" so fügte er mit einem Grinsen hinzu, "könnten wir uns natürlich auch das hübsche Reihenhaus sonst gar nicht leisten, wenn meine Frau nicht auch ihren Mann im Beruf stehen würde."
"Aber hast Du mir nicht gerade stolz von Euren 3 Kindern und dem großen Hund erzählt?" fragte ich "Wie macht ihr das denn, das alles unter einen Hut zu bringen?"
"Ach, das ist doch gar kein Problem. Meine Frau steht immer vor mir auf, Du weißt ja" sagte er augenzwinkernd "Schminken und so. Da kann sie natürlich eben das Frühstück machen und mir einen Kaffee ans Bett bringen. Ich komme halt morgens etwas schwer raus. Meistens warte ich auch mit dem Aufstehen, bis die Kinder aus dem Haus sind. Ist ja sonst so einen schreckliche Hektik bei uns. Der Supermarkt liegt für Petra, so heißt meine bessere Hälfte, fast am Arbeitsweg. So kann sie ohne großen Zeitverlust auf dem Nachhauseweg einkaufen. Deshalb habe ich ihr auch den kleinen Kombi spendiert. Man ist ja nicht knauserig und meine Frau soll es ja leicht haben. Natürlich ist ihr Beruf nicht so stressig wie meiner und sie macht zeitig Feierabend. Deshalb steht das Abendessen auch immer pünktlich auf dem Tisch wenn ich heimkomme. In der Regel sind dann auch die Kinder fertig mit ihren Hausarbeiten, bei denen sie manchmal helfen muss. Das ist auch gut so, denn Du kannst mir glauben, drei Kinder am Tisch, die hampeln und Fragen stellen, das kann ganz schön nervig sein. Das vertrage ich nach einem anstrengenden Arbeitstag einfach nicht mehr. Die Kinder gehen früh ins Bett, sie müssen morgens auch früh raus, darum ist immer noch genug Zeit für meine Frau die Wäsche zu waschen und ein bisschen zu putzen. Nur das laute Staubsaugen habe ich mir verbitten müssen, da versteht man den Fernseher nicht mehr. Aber wir sind ein modernes Paar, es wird nicht befohlen oder gezankt. Wir haben einfach darüber gesprochen und nun saugt meine Petra eben samstags, wenn ich zum Fußball bin. Und um auch meinen Teil dazu zu tun, habe ich sogar schon mal die Kinder mitgenommen um sie zu entlasten!" Mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck schaute er mich an "Und Du, hast Du auch einen aufgeschlossenen modernen Mann? Du schaust etwas verkniffen!"
Leider kam in diesem Moment mein Umsteigebahnhof in Sicht, so dass ich ihm nicht mehr erzählen konnte, dass ich genug moderne Männer von seiner Sorte kenne. Dass ich aber lieber solange allein bleibe, bis ich endlich einen Mann gefunden habe, der mit mir nicht nur die Rechte, sondern auch die Pflichten teilt!




Ein komischer Tierarztbesuch

Susanne Rössner, 1986

Angefangen hat alles schon gestern Abend. Ich hätte schon hellhörig werden sollen, als Frauchen die Näpfe mit dem Futter verschwinden ließ. Wir waren alle etwas pikiert, denn der Mitternachtsimbiss ist uns heilig.

Oh, Entschuldigung! Ich erzähle einfach los, und Sie wissen ja noch gar nicht, wer ich bin. Ich werde Nico gerufen und bin ein Orientalisch Kurzhaar Kater. Internationaler Champion selbstverständlich und Herzensbrecher bei allen Katzendamen. Leider hat mein Frauchen nur einige von ihr (!) ausgewählte Katzendamen zu mir gelassen. Aber sie hat einen guten Geschmack, das muss man ihr zugestehen. Gerade letzte Woche hatte ich ein Mädchen, ich sage Euch, ein Traum, auch hoch prämiert und einen niedlichen englischen Akzent......mehr wird nicht verraten, der Kavalier genießt und schweigt.

Mit meiner Familie und meinen Katzenfreunden wohne ich in einer großen Wohnung mit Balkon. Natürlich darf ich mich frei in der Wohnung bewegen. Ich habe zwar schon davon gehört, dass einige meiner Geschlechtsgenossen in kleinen Zwingern gehalten werden, aber solche Geschichten halte ich für Ammenmärchen.

Ich habe also ein recht großes Revier und in der letzen Zeit strotze ich nur so vor Tatendrang. Man muss es schließlich sehen und riechen, wem diese Wohnung gehört. Nun gehöre ich nicht zu diesen Einfaltspinseln, die ihre Duftmarken gut sichtbar auf den Boden setzen. Wir haben überall Parkett und unverständlicherweise kommt die Menschenfrau immer sofort mit dem Wischlappen angerückt, sobald ich mich verewigt habe. Ich verstehe das gar nicht, sie soll sich doch freuen, dass ich solch ein toller Kerl bin. Aber so schnell lasse ich mich nicht bremsen. Meine Erfahrungen beweisen es, man muss sich die Markierungspunkte nur sorgfältig genug aussuchen, dann halten sie auch eine Weile. Zum Beispiel letztens, die elektrische Schreibmaschine. War das eine Freude, tagelang hat Frauchen vergeblich versucht aufzuspüren, woher die Wohlgerüche in dem kleinen Arbeitszimmer kamen. Erst, als sie etwas schreiben wollte und alle Tasten fest aneinander klemmten, ging ihr ein Licht auf.

Nun bin ich aber ins Plaudern geraten, dabei wollte ich Euch doch von dem speziellen heutigen Tag erzählen.
Also, Ihr werdet es nicht glauben, es gab auch kein Frühstück. Ab und zu warf Frauchen mir Blicke zu, irgendwie bedauernd. Verständlich, dachte ich, ich tat mir auch leid, mit so einem Kohldampf im Bauch. Dann holte Frauchen den Transportkorb aus dem Keller. Das hat noch nie etwas Gutes bedeutet! Es sei denn, es ist nicht unser eigener Korb, sondern ein fremder mit einer hübschen jungen Dame darin.
Während ich noch überlege, ob ich mein Heil in der Flucht suchen soll, wurde ich schon ergriffen und in den Transportkorb gesetzt. Wir fuhren mit dem Auto, nur kurz, und als wir in ein Haus mit einem großen Zimmer kommen, indem schon andere Tiere mit ihren Menschen sitzen, da wusste ich Bescheid. Wir waren bei diesem weißbekittelten Menschen gelandet, den unsere Menschin immer mit "Herr Doktor" anspricht. In besonders guter Erinnerung habe ich ihn ja nicht. Jedesmal wenn ich hier war, hat er mich gepiekt und das noch stolz in ein Büchlein eingetragen! Aber ich bin ein tapferer Kater und schlimm war es eigentlich nie.
Doch diesmal war alles anders. Ich wurde zwar auch gepiekt, aber dann gab es keine Büchlein und es ging auch nicht gleich wieder Heim, sondern wir gingen wieder ins Wartezimmer. Wie wir da so saßen überkam mich eine große Müdigkeit und eh ich mich versah, war ich eingeschlafen. Aufgewacht bin ich erst zuhause wieder.
Jetzt weiß ich endlich, was unser Menschenmann manchmal gemeint hat, wenn er morgens davon sprach, er hätte einen Kater. Dass er nicht mich meint, habe ich ja gewusst, aber jetzt kann ich es nachfühlen, was es bedeutet. Einen richtige Brummschädel hatte ich, und was für einen! Lauter wirre Gedanken zogen durch meinen Kopf und als ich versuchte aufzustehen, da knickten mir die Beine weg. Schmerzen hatte ich eigentlich keine. Oder doch, so etwas diffus am hinteren Ende, sehr seltsam. Irgendwie war mir die Sache unheimlich, besonders wegen der mitleidigen Blicke meiner Katzenfreunde, insbesondere die meines Katzenvaters. Der schaut sonst immer ganz anders, eher bewundernd zu mir auf, denn er ist - auch wenn mir nicht ganz klar ist, was es bedeutet - nur noch ein Kastrat.

Wartet nur, ich sage Euch, irgendwann bin ich wieder richtig wach und ganz klar und dann finde ich heraus, was ihr mit mir gemacht habt!


Ein Tag auf der Erde

Susanne Rössner, 1985

Bei Ausgrabungen auf unserem Planeten "Ka-zen-toira" fand ich vor einiger Zeit Unterlagen über eine verschollenen Expedition zu einem Planeten namens Erde. Ich las darin, dass nach einigen Funksprüchen, in denen die Mitglieder der Expedition uns mitteilten, dass der Planet gute Lebensbedingungen böte, aber von Wilden, die sich selbst "Menschen" nannten, bewohnt wäre, der Kontakt zu der Expedition abriss.
Durch furchtbare Naturkatastrophen, die damals über unseren Planeten und mein Volk hereinbrachen, geriet die Expedition und ihre Aufgabe in völlige Vergessenheit.

Nun war ich mit einem kleinen Raumschiff unterwegs um zu sehen, was aus den Nachkommen unseres Volkes auf der Erde geworden war - sollten sie noch leben.
Als ich mich dem Planeten näherte, bemerkte ich, dass er von hoch zivilisierten Wesen bewohnt war. Doch erstaunlicherweise war diese Zivilisation wohl nicht von unserem Volk erbaut worden. Es musste sich also um die Nachfahren der Menschen handeln, die sich anscheinend beachtlich weiter entwickelt hatten.

Heimlich landete ich in einer einsamen Gegend und begab mich auf die Suche nach meinen Artgenossen. Am Rande eines kleinen Dorfes, auf einem großen bäuerlichen Anwesen traf ich auf einen. Er stellte sich mir als "Peter" vor - ein seltsamer Name - und erzählte mir bereitwillig die Geschichte unseres Volkes auf der Erde, an die sich hier jede Katze dank steter Überlieferung erinnern kann.

Aufgrund eines Triebwerksschadens hatte das Expeditionsschiff notlanden müssen und sei dabei zerstört worden. Das war in der Nähe eines Landes namens Ägypten geschehen. Und, wie es den meisten Raumfahrern in solchen Situationen passierte, so waren sie von der einfachen Bevölkerung als Götter angesehen worden. Es ging ihnen gut, auch wenn sie ihre technische Entwicklung nicht aufrecht halten konnten und diese in Vergessenheit geriet. Ihre Zahl wuchs mit der Zeit. Doch die Entwicklung der Menschen schritt nun schnell voran und mit ihr änderte sich die Einstellung gegenüber dem auf der Erde heimisch gewordenen Katzenvolk. Es wurde verfolgt, gequält und verdammt. "Wir wurden sogar mit vermeintlichen Hexen zusammen verbrannt und gesteinigt!" erzählte Peter.

Ich war entsetzt! "Wie sieht es denn heute aus?" fragte ich. "Nun", sprach er, " Wir haben uns wieder recht gut etablieren können. Viele Katzen haben heutzutage eine eigene Familie von Menschen, die sich wieder so um sie kümmern, wie es uns zusteht. Andere, zu denen auch ich zähle, ziehen das freie Leben vor. Ich habe mir einen Bauern ausgesucht, bei dem ich nach Bedarf übernachten und speisen kann. Doch leider ist die geistige Reife der Menschen immer noch weit hinter ihrer technischen zurück geblieben. Nicht nur, dass sie sich oft in so genannten Kriegen gegenseitig ausrotten, nein, sie sind auch dabei, diesen schönen Planeten zu zerstören. Auch ihre ethische Reife lässt sehr zu wünschen übrig. Viele, viele von unseren Artgenossen werden auch heute noch zu Tode gequält. Oft für völlig nutzlose Zwecke, z.B. weil sich die Menschen gerne mit Farben und Gerüchen beschmieren. Nun ja, die Natur hat sie auch stiefkindlich behandelt verglichen mit uns!"

"Wie furchtbar", rief ich spontan. "Verlass diesen Planeten und komm mit mir nach Ka-zen-toira! Wir werden auch den Rest unseres Volkes von dieser furchtbaren Welt retten!" "Nein, vielen Dank!" sagte Peter. "Auch wir Katzen von der Erde haben unseren Stolz und unsere Aufgaben. Wir haben lange gebraucht, um den Menschen den richtigen Weg zu zeigen und wir können sie in dieser schweren Zeit nicht verlassen. Wir haben noch viel zu tun. Grüße unsere Brüder und Schwestern auf Ka-zen-toira!" rief er noch und verschwand mit weiten Sprüngen in der Dämmerung.


Glück im Unglück, Tigger

Susanne Cramer-Rössner, Dez.2003

Die Kinder hatten ihn Tigger getauft, weil sie damals so gerne Winnie Pooh im Fernsehen anschauten. Eigentlich hatte Tigger gar keine Streifen, sondern eine Räderzeichnung auf den Seiten. Aber schön orange leuchten tat sein seidiges Fellchen schon. Und so genau nehmen es Kinder halt nicht.
Er war ein stattlicher Kater, 5 kg schwer, die Ohren waren durch einige Katerkämpfe seitlich geschlitzt. Das nahm ihm aber nichts von seinem majestätischen Auftreten. Als 7 Wochen altes Katzenbaby war er in die Familie gekommen. Er hatte sich bei einem Herbstspaziergang angeschlossen und war geblieben. Dünn und hungrig war er gewesen, aber Angst hatter er keine, auch nicht vor den lauten Kindern. Diese waren es auch gewesen, die so lange gebettelt hatten, bis Tigger mit ins Haus durfte. Und Tobias, der ältere der beiden Geschwister war sogar losgegangen und hatte eine Dose mit Katzenfutter aus dem nahegelegenen Supermarkt gekauft. Obwohl es das letzte mal war, dass Tobias für sein Futter gesorgt hatte, liebte Tigger ihn sehr. Ebenso Mia, seine kleine Schwester. Mia, die ihn stundenlang streicheln konnte, die ihr Gesichtchen in sein Fell gegraben hatte, wenn sie traurig war und die ihn auch gerne bei sich im Bett liegen hatte. Gut, sie hatte ihn manchmal in Puppenkleider gesteckt, doch das hatte er großmütig über sich ergehen lassen. Obwohl es ihm keine Freude bereitet hatte, ebenso wenig die Fahrten im Puppenwagen. Dann gab es noch Peter und Sabine, die Eltern der Kinder. Die ihn immer gut behandelt hatten und sich um sein körperliches Wohlergehen gekümmert hatten. Sabine konnte besonders gut hinter den Ohren kraulen, da, wo Tigger es besonders mochte. Außerdem war sie zuständig für sein Futter und die Katzentoilette. Peter hatte zwar nicht oft Zeit für ihn, aber dann bastelte er mit den Kindern schöne Spielzeuge für Tigger. Wollemäuschen an einer Schnur oder lustig klappernde Bällchen.

Und nun saß Tigger hier. In einem kleinen Käfig. Täglich bekam er sein Futter und Wasser und auch das Klöchen wurde regelmäßig gereinigt. Aber er war traurig und vermißte seine Freiheit und seine Familie. Die Ereignisse passierten wieder einmal vor seinem geistigen Auge revue. 4 Jahre war er alt und er hatte sich stets vor den Autos gut in Acht genommen. Doch diesmal hatte ihn der böse Terrier vom Fleischerfachgeschäft gegenüber gehetzt. Über mehrere Grundstücke und Hinterhöfe war die Jagdt gegangen. Und gerade als Tigger dachte er hätte das kläffende Ungeheuer abgehängt, da war es passiert. Kreischende Bremsen hatte er gehört und dann nichts mehr. Ja, und dann war er hier aufgewacht. Mit große Schmerzen und an mehreren Stellen von Verbänden eingewickelt. Seine Wunden waren langsam geheilt, aber er war von Tag zu Tag trauriger geworden, denn er hatte jeden Moment damit gerechnet, dass ihn seine Familie abholen würde.
Um ihn herum befanden sich noch viele weitere Käfige. Besetzt mit Katzen jeder Farbe und jeden Alters. Rechts neben ihm saß Randi, ein junger frecher Kater, den er nur ungern tolerierte. Links neben ihm, im angrenzenden Käfig, lag Sunnie, eine dreifarbige Katze, die die Menschen auch Glückkatze nennen. Aber Sunnie hatte bisher nicht viel Glück gehabt. Sie befand sich schon zum dritten Mal hier im Tierheim. Das erste Mal war sie mit ihren Geschwistern zusammen abgegeben worden. Da hatte es nicht lange gedauert und ein junges Ehepaar hatte sie zu sich nach Hause geholt. Die hatten ihr auch den Namen gegeben. Die beiden hatten sich als gute Katzeneltern herausgestellt, aber dann angefangen miteinander immer häufiger zu streiten. Das Ende war eine Scheidung gewesen und keiner hatte mehr Zeit für Sunnie. So war sie wieder ins Tierheim gebracht worden. Mittlerweile schon 1 1/2 Jahre alt und nicht mehr so niedlich wie beim ersten Mal, hatte es 3 Monate gedauert bis sich jemand gefunden hatte, der Sunnie ein neues Heim bieten wollte. Eine alte Dame war es gewesen. Sie hatte Sunnie wirklich geliebt und verwöhnt. Doch nachdem sie in ihrer Wohnung böse gestürzt war, fanden ihre Kinder ein Altenpflegeheim wäre eine sichererer Aufenthaltsort für sie. Und so wurde Sunnie wieder einmal zurück gebracht, denn von den Familienangehörigen wollte niemand die Katze aufnehmen. Jetzt hatte sich Sunnie sehr in sich zurück gezogen, wie jeder es tun würde, der in seiner Liebe und seinem Vertrauen so oft enttäuscht worden ist.
Sunnie tat Tigger leid, weil er so große Schmerzen hatte über sich ergehen lassen müssen und Tigger hatte große Zuneigung zu Sunnie gefasst, denn sie hatte ihm gut zugeredet und ihm über die schlimmste Zeit hier im Tierheim hinweg geholfen. Nun saßen sie oft Fell an Fell am Gitter und gaben sich so gegenseitig Trost und Wärme.
Es war wieder Besuchstag im Tierheim. Schon einige Leute hatten sich heute Tigger genauer angesehen, aber durch die geschorenene Stellen rund um seine Verletzungen war er zur Zeit keine Schöhnheit. Da er seine Familie vermisste strahlte er auch eine Traurigkeit aus, die die meisten Interessenten dazu brachte, sich lieber einem muntererem fröhlicheren Tier zuzuwenden, dass versprach Freude in ihr Heim zu bringen. So war es auch heute wieder. Eine junge Frau hatte sich in Tiggers Nachbarn Randie verliebt und der Käfig neben ihm wurde leer. Bald würde wieder Ruhe eintreten im Tierheim, die Besuchszeit war um 18 Uhr zu ende und es war bereits 17.45 Uhr.
Da hörte Tigger auf einmal vertraute Stimmen. Er konnte es nicht glauben, aber er meinte sicher die Stimmen seiner Familienangehörigen vernommen zu haben. „Endlich,“ dachte er, „endlich haben sie mich gefunden !“. Doch die Stimmen wurden wieder leiser, die Familie war am Katzenhaus vorbei gegangen. „Einen jungen Hund.........................“ hörte er gerade noch die Stimme von Peter sagen.

Große Verzweiflung überkam Tigger. Das konnte doch nicht wahr sein. Seine Familie konnte ihn doch nicht vergessen haben! Laut fing er an zu maunzen und zu jammern.
Und dann hörte er die Stimmen wieder näher kommen. „Nein,“ sagte Peter gerade, „es scheint, die Kinder sind doch noch nicht bereit für ein anderes Tier. Sie vermissen ihren überfahrenen Kater zu sehr. Wir werden dann in einiger Zeit noch einmal wieder kommen.“ Wieder maunzte Tigger nach Leibeskräften. Da meinte Mia „Da ist eine Katze, die hört sich an wie unser Tigger, bitte lasst uns doch ins Katzenhaus gehen und nachschauen!“ Die Leiterin des Tierheims lachte und sagte: „Nun, so viele Katzen sind hier, da kann man unmöglich eine spezielle heraushören, aber sie können gerne schauen, ob ihnen eines unserer Kätzchen gefällt.“ „Aber wir hatten uns doch besprochen;“ sagte Sabine „eine neue Katze wollten wir nicht, weil wir noch zu traurig um unseren verlorenen Kater sind. Wir haben so an ihm gehangen!“ „Doch, bitte“ bettelte nun auch Tobias „lasst uns wenigstens mal hineinsehen!“ „Gut, gut!“ sagte Peter, „wenn ihr es gerne wollt, dann schauen wir uns die Katzen hier einmal an.“
Und dann, endlich, hörte Tigger die äußere Tür aufgehen, dann die innere und einen Moment später stand seine Familie im Raum. Eine große Erleichterung überkam Tigger. Nun würde alles gut werden.

Langsam ging die kleine Menschengruppe an den Käfigen entlang. Mia zügigen Schritters vorne weg. Und wärend ihre Eltern jedes Kätzchen genau ansahen und es auch einmal ansprachen, ging Mia zielstrebig von Käfig zu Käfig. Und dann, ein lauter Aufschrei “ Tigger, oh mein Tigger!!!“ rief sie und Tigger schnurrte und presste sich an die Käfigtür. „Ja, unser Tigger!!“ fiel nun auch Tobias ein, der seiner Schwester hinterher geeilt war. Dann kamen auch die Eltern hinterher. „Tatsächlich, aber das kann doch nicht wahr sein! Diese Katze hier sieht genau aus wie unser Tigger, bis auf die kahlen Stellen allerdings! Und wie sie sich freut, das kann nur unser Tigger sein! „ „Klar,“ rief Tobias „sieh nur die zwei zerissenen Stellen an den Ohren an! Die hat nur unser Tigger so an diesen Stellen!“ „Ja, das ist unser Tigger!“ stellte nun auch Peter fest. Die Tierheimleiterin erzählte von dem schwer verwundeten Tier, das hier eingeliefert worden war und Peter erzählte ihr, wie die Nachbarn der Familie versichert hatten, sie hätten gesehen wie Tigger tödlich überfahren worden sei und das der Fahrer das Tier schnell beseitigt hätte. Deshalb hatten sie auch nicht nach dem geliebten Kater gesucht. Nun konnte die Pflegerin wieder zur Aufklärung des Sachverhaltes beitragen. Der ortsunkundige, tierliebe Fahrer hatte sofort gehandelt, denn bei dem schwerverletzten Kater war es um Minuten gegangen. Er hatte sich durchgefragt und das Tier in die Klinik gefahren, hatte sich aber dann nicht mehr erinnern können, wo genau der Unfall passiert war. In der Klinik wurde der Kater gerettet und dann zum Tierheim gebracht, denn der Besitzer war ja nicht bekannt.

Glücklich wurde Tigger nun wieder von seiner Familie in Empfang genommen. Doch als sie den Raum bereits verlassen wollten, begann Tigger wieder kläglich zu maunzen. „Was ist denn los, Tigger, freust Du dich nicht?“ fragte Mia ungläubig. Da hörten sie auf einmal auch aus dem Nebenkäfig ein leises miauen. „Die beiden haben sich wohl aneinander gewöhnt“ erklärte die Dame vom Heim und stellte Sunnie vor. Die Familie schaute sich an und ohne Worte waren sich alle sofort einig. „Wenn das so ist, kommt Sunnie auch mit zu uns.“ stellte Sabine fest und erhielt die einstimmige Zustimmung aller. Und so verließen Sunnie auf dem Arm von Tobias und Tigger auf Mias Arm den Raum.

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